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26

Jul

Der Zauber von „nein“

Das ist ein schwieriges Thema – wie balanciere ich meine Bedürfnisse und die anderer gut aus? Wann bin ich egoistisch, und wann machen mich die Anforderungen anderer platt? Das Dilemma: umso besser du bist, desto mehr wirst du gefragt werden. Und solange du weiter leistest und lieferst, geht das auch so weiter. Funktioniert ja – für die anderen. Und für dich? Was bleibt in deinem Leben auf der Strecke? Erholsamer Schlaf, Zeit mit Freund*innen, ein genussvoller Spaziergang? Oder kommst du nicht mal dazu, die Projekte, die dir wirklich wichtig sind, zu verwirklichen, weil du anderen hilfst, ihre zu verwirklichen? Wenn du die zu deinen machst, und zu deinem Commitment werden – schön. Wenn du mehr und mehr aufgibst, wovon du träumst, was du erreichen möchtest, wie du leben willst – dann wird es vielleicht Zeit, sich mit dem Zauber des Wortes „Nein“ auseinanderzusetzen.

Deine „Nein“s zu externen Anforderungen schaffen dein ganz eigenes Profil . Ohne „nein“ bist du einfach das Ergebnis der Wirkung externer Kräfte auf dich. Deine „Nein“s sind Ausdruck Deiner Prioritäten, Stärken und Anliegen. Sie schaffen Dein Profil. „Ja“s sind die Überstunden, die Erschöpfung, die Frustration. „Ja“s erfüllen die Wünsche anderer.

Manchmal entspringt dein „Ja“ einer unausgesprochene Erwartung von Gegenseitigkeit, von Dankbarkeit und du baust Ressentiments und Frust gegenüber dem Empfänger auf, der/die sich scheinbar nie erkenntlich zeigt. Weiß er/sie von deinen Erwartungen? Und ist/er sie wirklich gewillt, diese zu erfüllen? Da ist die Redaktionsleiterin, die v.a. einer Redakteurin als ständige Rettungsstelle nutzt. Was auch immer liegenbleibt, noch nicht erledigt ist, unangenehm ist, geht an diese Redakteurin. Die macht Überstunden bis spät in die Nacht, macht die „Hausaufgaben“ der Chefin übers Wochenende, widerspricht nie, erfüllt alle Wünsche. Es gibt das Versprechen: sobald sich die Chance ergibt, werde ich dich befördern. Dann geht die Chefin. Zu einem anderen Sender. Der Nachfolger weiß nichts von dem Versprechen, interessiert sich auch nicht dafür und – befördert die Redakteurin nicht. Solche Geschichten laufen vieltausendfach in allen möglichen Konstellationen ab. Welche Rolle willst du spielen, was lieferst du, was forderst du?

Lerne, zu verhandeln. Umso öfter du die Anforderungen anderer annimmst, desto kleiner werden deine „Ja“s zu dem, was du selber möchtest. Deine Ziele wird ausgehöhlt von dem Diktat anderer.

Wie sagt man nein? Höre zuerst, was von Dir erwartet wird. Frage nach, verstehe das Ansinnen. Dann vergleiche mit deinen bestehenden Plänen, Commitments, Abgabeterminen. Dann antworte: „Wir sind ja in der schwierigen Lage, dass (unser CRM-Programm fertig werden muss, wir Einsparmöglichkeiten suchen, wir Kundenakquise betreiben müssen oder was sonst). Deswegen ist die oberste Priorität….und dem widme ich mich im Moment vordringlich. Dann erwarten auch Kathrin, Iryna und Marc noch Berichte von mir. Was du möchtest, mache ich gerne danach. Oder ich mache diesen Teil (einen, der sich leicht/schnell erledigen lässt) – alles andere muss später kommen. Ist das ok für dich? Sonst müssen wir mit unserem Chef nochmal die Projektliste durchgehen….“

Dein „nein“ ist kein „nein“ an die Person, sondern ein „ja“ für die Geschäftsstrategie oder für die Versprechen, die du bereits geleistet hast. Und „ja“, das kann auch ein Versprechen an dich gewesen sein, das zu tun, was dir wichtig ist, was dir gut tut.

Ah – und jetzt kommt die Angst: die finden mich faul, die finden mich unengagiert, ich will alles leisten, was von mir erwartet wird etc etc. Ok. Dann mach’ die Überstunden, mach’ Sachen, die du falsch findest, und ärgere dich, während du sie machst. Angst ist echt ein Schrottratgeber.

Ein Manifest zum „Nein“-sagen:

  • Manches „Nein“ ist nötig, um ein großes „Ja“ zu sagen.
  • Ich erfülle gerne Wünsche – inklusive meiner eigenen.
  • „Nein“ gehört zu meinen Optionen.
  • „Nein“ nimmt mir weder Wohlwollen, Akzeptanz oder Liebe.
  • Emotionale Schikane als Antwort auf mein „Nein“ registriere ich und leitet nicht mein weiteres Handeln.
  • Ein „nein“ vermeidet den Frust nicht erlebter Dankbarkeit und Gegenseitigkeit.
  • Ich kann mir für die Antwort Zeit nehmen.


Wie kannst Du „Nein“ sagen?
Eindeutig, gerade heraus und ehrlich:

  1. „Nein“ oder „Nein, danke“.
  2. „Das passt bei mir gerade gar nicht, sprich‘ mich das nächste Mal gerne wieder an“.
  3. „Wie schön, dass du mich fragst, leider geht es dieses Mal nicht.“
  4. „Was du fragst, kann ich nicht in Gänze zu dem Zeitpunkt machen. Reicht es für dich, wenn ich … bis… mache?“
  5. „Ich verstehe, dass du das… von mir möchtest. Das möchte ich nicht und ich werde das nicht tun.“

In manchen Situationen wirst Du wortreicher und diplomatischer sein. Ehrlich bleibt.