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21

Jun

Perfektionismus, 1. Streich: Der Preis der „Fehlerfreiheit“

Wie Perfektionismus eine Falle sein kann.

Viele erfolgreiche Frauen beschreiben sich selbst als “perfektionistisch” und werden auch oft von ihrem privaten und beruflichen Umfeld so empfunden (fragt einfach mal nach ;-)). Auch Du hast Deine schulische/universitäre/berufliche Laufbahn mit sehr guten Noten und Bewertungen bestritten? Kommst sorgfältigst vorbereitet in jedes Meeting? Arbeitest gewissenhaft Deine Aufgaben ab? „Fehlerfrei“ und „perfekt“ klingt beides wie ein großes Lob und Prädikat – und von einer Autoritätsperson geäußert produziert es einen persönlichen Glücksmoment?

So war der Perfektionismus ein prima Partner um Dich dahin zu bringen, wo Du heute stehst. Er hat Dir geholfen, sehr gute Ergebnisse abzuliefern. Du hast Dir viel angeeignet, um fehlerfrei zu arbeiten. Und so erfüllst Du die vielen Erwartungen Deines Umfeldes.

Warum also irgendetwas ändern? Ist ein Abschied vom Perfektionismus vielleicht eine gute Idee für Dich?

Perfektionismus behindert, ohne dass Du es merkst, Deine professionelle Entwicklung. Weil Du auf dem Altar des Perfektionismus Opfer bringst:

Kreativität – wenn man Neues ausprobieren möchte, gibt es keine Fehlerfreiheit. Und wenn man etwas noch nie Dagewesenes produzieren möchte, kann ich mich nicht mehr am „Richtigen“ orientieren. Das gibt’s ja gar nicht. Wenn Dein nächster Entwicklungsschritt mehr Kreativität erfordert, brauchst Du eine positive Einstellung zu „Fehlern“ – Perfektionismus hilft da nicht. In vielen Leitungspositionen braucht es Kreativität, um die richtigen Teamziele zu entdecken und zu formulieren, braucht es originelle Ideen, um mit den knappen Ressourcen und hohen Erwartungen einen Durchbruch zu erzielen.

Nähe – besessen von der Vermeidung von Fehlern…

…nehmen wir Mitarbeiter/innen mit ihren Bedürfnissen vielleicht nicht wahr. Und wenn Mitarbeiter/inn/en das Gefühl haben, nur an Deinem Maßstab gemessen zu werden, werden Sie vielleicht mit weniger Ideen, Energie und Vertrauen agieren – und das führt nicht zu besseren Teamergebnissen.

…werden wir von Kolleg/inn/en als sehr kritisch empfunden. Selbst sachliche Kritik ohne jeden „fiesen“ Hintergedanken kann Distanz schaffen und Vertrauen untergraben (kommt etwas auf die Unternehmenskultur an, wie empfindlich Menschen reagieren).

…investieren wir weniger Zeit fürs Netzwerken, sondern beschäftigen uns mit der Perfektionierung von Präsentationen, Projektvorschlägen etc. Umso höher Du in einer Hierarchie arbeiten möchtest, desto wichtiger wird das Netzwerk, und vor allem das informelle, das gezielt vertrauensvolle Beziehungen aufbaut. Das braucht Deine Zeit!

Gelassenheit – in anspruchsvollen, komplexen Aufgaben kann der Drang nach Fehlerfreiheit zur Besessenheit werden. Ohne Distanz, Übersicht und Blick für das Endresultat wirkt manches verkrampft, alternative Optionen werden ignoriert. Und in vielen komplexen Entscheidungssituationen gibt es manchmal keine Lösung ohne „Fehler“ – und Du stresst, obwohl Du daran gar nichts ändern kannst. So empfiehlst Du Dich nicht für den nächsten Karriereschritt. Außerdem überträgt sich die mangelnde Gelassenheit oft und schnell in andere Lebensbereiche. Und dann fühlen sich plötzlich der Teamsport, das Abendessen mit den Kindern oder die Verabredung mit den Freundinnen ähnlich stressig, angestrengt und kritisch an, wie der Arbeitsalltag. Wo schöpfst Du dann noch Energie?

So – das ist meines Erachtens der hohe Preis des Perfektionismus. In meinem nächsten Post beleuchte ich, welche inneren Mechanismen zum Perfektionismus führen. Und dann kommt ein Post mit den hoffentlich heiß ersehnten Gegenmassnahmen!