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Was mich mutig macht – Ein Interview mit dem Wirtschaftsexperten Dr. Markus Klimmer

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Aus einigermaßen bescheidenen Verhältnissen kommend hat es mein heutiger Interview-Partner bis zum Wirtschaftsberater des heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gebracht – unter anderem. Denn wohin das Leben mutige Menschen sonst noch so bringen kann, das zeigt der beeindruckende Lebensweg von Markus Klimmer. Und was besonders wichtig ist: Seine Menschlichkeit ist ihm dabei zu keinem Zeitpunkt abhanden gekommen.

P.S.: Hast Du auch etwas Besonderes, Wichtiges oder Inspirierendes zum Thema Mut zu sagen? Dann lade ich Dich ein, meinen Fragebogen zum Thema Mut zu beantworten. Deine Antworten und die anderer mutiger Menschen erscheinen dann nach und hier auf meinem Blog. Machst Du mit? Dann geht es hier weiter: Zum Mutfragebogen.

 

Was ist Mut für Dich?

Über den eigenen Schatten springen, etwas tun, und der Ausgang ist nicht klar. Mut muss bedeuten, ein beherrschbares Risiko einzugehen. Für das Einschätzen des Risikos suche ich immer das Gespräch mit anderen, sonst wird Mut zur Naivität.
Und vielleicht ist „Nichts-tun“ das Mutigste: weil das das risikoreichste Verhalten ist. Wer einfach nur abwartet, wird von Veränderungen und Ereignissen unvorbereitet überrollt werden. Risiko-reicher geht es nicht.

Welches ist Deine früheste Erinnerung an Deinen Mut?

Im späten Kindergartenalter. Die ersten türkischen „Gastarbeiter“ zogen in die Strasse, darunter zwei etwa gleichaltrige Mädchen. Die Mutter gab mir eine glasklare Devise: „du sorgst dafür, dass die beiden Deutsch lernen. Und dass denen nichts passiert.“ Das habe ich dann gemacht, und als es schwierig wurde, habe ich andere mobilisiert, mir zu helfen.

Was war das Mutigste, das Du je gemacht hast?

Den ersten Schritt auf die grosse Liebe zu. Ich hatte fest mit einer Abfuhr gerechnet, die kam zum Glück nicht. Ich kann bis heute nicht glauben, dass ich die Traute hatte.

Was gibt Dir Kraft, immer wieder neuen Mut zu schöpfen?

Meine Mutter, die mir einen tiefen Gerechtigkeitssinn eingeimpft hat. Ein Gen, für das ich nichts kann: wenn ich Ungerechtigkeit sehe, will ich sofort aktiv werden, da muss ich was machen. Und dann tue ich mich mit anderen zusammen, wir entwickeln unsere „Passion“, und finden einen Weg.

Welches Gute in Deinem Leben hast Du Deinem Mut zu verdanken?

Nur ein Beispiel: In einer Unternehmensberatung für die ich tätig war, wurde alles mit Spreadsheets und KPIs gemessen. Das habe ich sieben Jahre lang erfolgreich ignoriert, und mich stattdessen auf Kunden und Projekte konzentriert. Das wurde nicht von allen um mich herum goutiert, das war schon mutig, und mein Erfolg waren, diese tollen Projekte und die Entwicklung selbständig denkender, loyaler Mitarbeiter.

Wer ist die mutigste Person in Deinem Leben?

Meine Mutter – eine ungelernte Arbeiterin aus einfachsten Verhältnissen. Ohne Schulabschluss oder Ausbildung hat sie 40 Jahre lang im Akkord beim Schwab-Versand geschuftet. Wo meine Mutter war, hat sie die Revolution organisiert. Ihr Motto war immer: „Nix gefallen lassen!“. Ihr ganzes Leben voller Selbstbewusstsein, Widerstand und Solidarität.

Wem wünschst Du mehr Mut?

Führungskräften wünsche ich mehr Mut. Jetzt haben wir 20 Jahre lang Shareholder-Value und KPI-Gewese hinter uns. Zahlengucker sind keine mutigen Führungskräfte. Führung heisst Menschen bewegen. Und das braucht keine „Zampanos“ und „Rampensäue“, sondern Führende, die fragend mit ihrer Organisation lernen. Gesteht Euch ein, dass Ihr nicht wisst, was die Digitalisierung für Euch bedeutet, und stellt die richtigen Fragen an die richtigen Leute.

Hat schon einmal jemand anderes für dich Mut bewiesen? Wie hat sich das angefühlt?

Mein grosser Mentor, der mir immer mehr zugetraut hat, als ich mir selber. Der hat den Plafond immer höher gehängt, als ich das für möglich gehalten habe. Das macht mich bis heute glücklich.

Du als Mut-Macher – was passiert da?

Ich führe über „Berührung“. Ich bin für die Menschen da, in der Interaktion lasse ich die Menschen wachsen. Ich sehe die Talente, mobilisiere die Leidenschaft und dann bringen wir grosse Sachen zu Stande. Und im Zweifel rufe ich „nix gefallen lassen!“.

 

Über Markus Klimmer:

Dr. Markus Klimmer war bis 2016 Managing Director bei der Accenture GmbH. 2008/2009 Wirtschaftsberater von Bundesaußenminister und Vizekanzler Dr. Frank-Walter Steinmeier. Von 2000 bis 2009 Partner bei McKinsey & Company, Leitung des Bereichs “Public Sector”. Er studierte Politik- und Verwaltungswissenschaften, Volkswirtschaftslehre sowie öffentliches Recht an der London School of Economics, der University of California Los Angeles und der Universität Hamburg.. Er ist Autor des Buches „#DigitalLeadership – Wie Top-Manager in Deutschland den Wandel gestalten“.