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18

Feb

Was mich mutig macht – Maira Küppers forscht zu Konflikten in Afghanistan

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Konflikte bieten Zündstoff und Maira Küppers Aufgabe als Mediatorin ist es, diese zu entschärfen. Das erfordert natürlich eine Menge Mut. Den größten Mut fand Maira aber nicht etwa in sich selbst, sondern bei einer selbständigen Unternehmerin im Krisenland Afghanistan – einer Frau, die ihrer Berufung so selbstbewusst nachgeht, als gebe es nichts selbstverständlicheres auf dieser Welt. Ich freue mich sehr über dieses spannende Interview und hoffe damit vielen Lesern Inspiration für ihren eigenen Mut zu geben!

P.S.: Hast Du auch etwas Besonderes, Wichtiges oder Inspirierendes zum Thema Mut zu sagen? Dann lade ich Dich ein, meinen Fragebogen zum Thema Mut zu beantworten. Deine Antworten und die anderer mutiger Menschen erscheinen dann nach und nach hier auf meinem Blog. Machst Du mit? Dann geht es hier weiter: Zum Mutfragebogen.

 

Was ist Mut für Dich?

Für mich ist Mut das Gegenstück zur Angst. In einer Gesellschaft, in Entscheidungen oft mit hoher Risiko-Aversion verbunden sind, da ist es mutig aus einer Positivperspektive zu agieren, im Vertrauen auf andere Menschen. Man legt den gedanklichen Schwerpunkt auf das, was die Situation positiv beeinflussen kann.

Welches ist deine früheste Erinnerung an Deinen Mut?

Obwohl mir meine Eltern oft erzählen, dass ich schon als kleines Kind mutig war und meine kleine Schwester mir erzählt, dass sie mich oft vorgeschickt hat um die Lage zu testen, ist meine erste bewusste Erinnerung an Mut erst viel später im Leben. Zu meiner Konfirmation bekam ich von meinen Großeltern einen Flug nach Vancouver in Kanada, geschenkt, um dort Verwandte zu besuchen.

Ich war vorher noch nie geflogen und wusste überhaupt nicht, was mich erwarten würde. In dem Moment, als ich durch die Sicherheitsschleuse ging, und ich mich zu meinen Eltern umdrehte und ganz alleine weitergehen musste, habe ich mir gedacht: „das ist jetzt aber mutig“. Das ganz große Herzklopfen kam dann beim Abheben.

Weil ich in der 5. und 6. Klasse Latein gelernt hatte, konnte ich auch nicht besonders gut Englisch und muss wohl ziemlich verwirrt geschaut haben, an der Grenze, sodass mich die Grenzbeamten aus der Schlange gezogen haben um mich (auf Englisch) zu befragen und sicher zu stellen, dass ich nicht von zuhause ausgebüchst war. Als ich endlich aus dem Terminal rausgekommen bin, und meine Verwandten endlich auf der anderen Seite der Barriere sah ist mir so richtig ein Stein vom Herzen gefallen.

Was ist das Mutigste, das Du je gemacht hast?

2012 nach Afghanistan zu gehen um Interviews für meine Masterthese zu halten. Es war mir wichtig, denn einer meiner Professoren am King‘s College in London meinte in einer der Vorlesungen, dass jeder, der sich mit Konfliktforschung beschäftigt, in diesen Brennpunkt-Regionen gewesen sein muss, um glaubwürdig darüber reden zu können.

Ich hatte schon alles geklärt: Visa, Genehmigung, Flug und Vereinbarungen von Interviews, inklusive mit dem deutschen Botschafter und afghanischen Regierungsbeauftragten. Ich habe mich auch intensiv über die Sicherheitslage informiert und habe lange mit der NGO vor Ort gesprochen, die alle meinten, dass es kein Problem sein würde nach Kabul zu reisen. Somit war ich umso frustrierter, als die Supervisorin meiner These meinte, dass sie mir (vier Tage vor Abreise) die Erlaubnis entzieht.

Nach langem überlegen und Diskussionen mit dem Direktor unseres Departments habe ich mich dafür entschieden die Forschungsreise auf eigene Faust zu machen.

Was gibt dir Kraft, immer wieder neuen Mut zu schöpfen?

Zum einen die Erfahrung, dass Dinge viel öfter gut gehen, als dass sie schlecht ausgehen. Auch wenn es schlecht läuft, wird es eigentlich nie so schlimm, wie man es sich manchmal ausmalt – und selbst wenn, gibt es eigentlich immer eine Lösung. Mutige Entscheidungen bestätigen oft meine Positivperspektive, und wenn nicht, dann zeigen sie mir wichtige Grenzen auf.

Es gibt immer etwas zu lernen. Zum anderen gibt es viele Menschen, die mir den Rücken stärken und mich motivieren immer wieder aufs Neue mutig zu sein. Das sind ganz besonders meine Eltern, meine Schwestern und viele meiner Freunde.

Wer ist die mutigste Person in Deinem Leben?

Rada Akbar ist eine Designerin, die in Afghanistan lebt. Sie ist unglaublich. Sie wohnt allein und ist selbständige Unternehmerin. Das ist in den meisten Ländern als Frau schon mutig, aber in Afghanistan ganz besonders. Rada macht einfach ihr Ding und ist unglaublich gut darin. Sie hat den Mut, sich zu zeigen, wie und wer sie ist.

Ihre Kleidung ist so einzigartig – so etwas kann man nur kreieren, wenn man den Mut hat sich selbst zu anzunehmen wie man ist und genau das konsequent zu verwirklichen. So viel Mut habe ich selten gesehen, selbst nicht bei Frauen in Deutschland, oder anderswo.

Wem wünschst Du mehr Mut?

Ich wünsche Politikern mehr Mut. In der deutschen Politik habe ich den Eindruck, viele Personen in entscheidungsmächtigen Positionen scheinen Angst zu haben, am existierenden System zu rütteln. Meiner Ansicht nach geht das oft auf Kosten der inhaltlichen Auseinandersetzung.

Hat schon einmal jemand anderes für dich Mut bewiesen? Wie hat sich das angefühlt?

Meine Chefs in Afghanistan, als ich für die UN gearbeitet habe. Ich hatte zweimal das Glück, unheimlich mutige Chefs zu haben. Die haben mir als sehr junger Frau unheimlich viel Verantwortung übertragen, und gesagt „wir vertrauen dir, dass du das machst.“ Und dann haben die mich wirklich machen lassen. Dieses Grundvertrauen war großartig. Die haben mich als Person gesehen, und mich gestärkt. Das hat mir unheimlich viel Kraft gegeben.

Du als Mut-Macher – was passiert da?

Das lerne ich gerade! Ich glaube, dass Mut sowohl eine Kompetenz als auch eine Veranlagung ist. Ich bin so veranlagt, dass ich sehr viel und sehr raumgreifend mutig bin. Das kann dazu führen, dass ich andere einschüchtere. Und jetzt lerne ich, wie ich mein Grundvertrauen effektiv auf andere übertragen kann. Das mache ich ganz viel über positives bestärken. Ich habe das bisher eher implizit gemacht, und ich lerne nun, das sehr explizit zu machen. Das führt zu besserer Zusammenarbeit – und zu schöneren Freundschaften.

 

Über Maira Küppers:

Maira Küppers ist eine angehende Mediatorin, die sich intensiv mit internationalen Konflikten und deren Lösung auseinandersetzt. Sie wohnt und arbeitet in Berlin, teils als „Research Fellow“ bei der Berghof Foundation und teils als selbstständige Beraterin. Inhaltlich fokussiert sie sich auf die Beteiligung von Jugendlichen, Frauen und benachteiligten Gruppen in Friedensprozessen, ins besondere im Yemen und Afghanistan. Ihre Arbeit ist stark interdisziplinär beeinflusst von psychologischen und verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen, wie zum Beispiel von Richard Thaler und Daniel Kahneman.

Vor Berlin arbeitete sie über fünf Jahre in Kabul in Afghanistan, unter anderem für die politische Mission der Vereinten Nationen. Dort gestaltete sie aktiv die Vorbereitung des Friedensprozesses mit. In 2013 hat Maira ihren Abschluss in „Conflict Resolution in Divided Societies“ vom King’s College London erhalten.

Hier geht es weiter zum LinkedIn Profil von Maira Küppers.